Wenn die Kindheit fehlt – Internationaler Tag gegen Kinderarbeit

12.06.2019 | Blog

Von Hinten sieht man Kinder auf der Bank sitzen.

Am heutigen Mittwoch, den 12. Juni 2019, findet erneut der Internationale Tag gegen Kinderarbeit statt. Der Aktionstag wurde 2002 von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) ausgerufen, um ein kritisches Bewusstsein für die Ausbeutung von Kindern weltweit zu schaffen. Obwohl die ILO dieses Jahr 100 Jahre Förderung der sozialen Gerechtigkeit und menschenwürdiger Arbeit feiert, müssen immer noch 152 Millionen Kinder arbeiten, um ihr Überleben und das ihrer Familie zu sichern.


Laut dem UN-Kinderhilfswerk UNICEF geht die Zahl der Kinder, die arbeiten gehen müssen, zwar zurück – dieser Rückgang verlangsamt sich aber. Während im Jahr 2000 noch 246 Millionen Kinder betroffen waren, sind es dieses Jahr „nur“ noch 152 Millionen Kinder. Trotzdem hat sich die Abnahme dieser Zahl in den letzten Jahren verlangsamt und bei diesem Tempo werden im Jahr 2025 noch immer 121 Millionen Mädchen und Jungen von Kinderarbeit betroffen sein.

Fast die Hälfte dieser Jungen und Mädchen muss unter gefährlichen, menschenunwürdigen oder ausbeuterischen Bedingungen arbeiten. Kinderarbeit ist in vielen Bereichen verbreitet, allerdings sind fast 70 Prozent in der Landwirtschaft tätig. Sie müssen auf Plantagen, Minen oder Müllkippen, in Textilfabriken oder wie Sklaven hinter verschlossenen Türen arbeiten. Im schlimmsten Fall müssen Kinder sich sogar prostituieren.

Ist Kinderarbeit gleich Kinderarbeit?

Internationale Organisationen wie die ILO oder Terre der Hommes vertreten die Ansicht, dass nicht jedes Kind, das arbeitet, gefährdet ist und auch nicht jede Form von Kinderarbeit bekämpft werden muss oder kann. Alle Formen von ausbeuterische Arbeit für Kinder müssen aber definitiv bekämpft werden, darunter zählen per Definition von der ILO unter anderem Sklaverei, Zwangsarbeit, Kinderprostitution und -pornographie, der Einsatz von Kindersoldaten und alle Arbeiten, die die Gesundheit und Sicherheit der Kinder gefährden, zum Beispiel schwere körperliche Arbeiten im Steinbruch.

Vor allem in Afrika und in Asien ist die ausbeuterische Kinderarbeit immer noch weit verbreitet. Die Hauptursache von Kinderarbeit ist Armut, so müssen viele Kinder ihre Familien unterstützen und so ihr Überleben sichern. Das hat zur Folge, dass diese Kinder meistens nicht zur Schule gehen können – was zu einem schlimmen Kreislauf führen kann: Ohne Bildung werden diese Kinder es schwer haben, gut bezahlte und vernünftige Arbeit zu finden und werden im Erwachsenenalter wiederum auf die Unterstützung ihrer Kinder angewiesen sein.

Kinder arbeiten in Spinnereien, Färbereien und Nähereien: Viele von ihnen leiden aufgrund der staubigen Luft und des Kontakts mit Chemikalien unter Atemwegs- und Hauterkrankungen. Sie arbeiten bis zu zwölf Stunden am Tag und bekommen weit weniger Lohn als Erwachsene. Kinderarbeiter in solchen Arbeitsverhältnissen gehen nicht zur Schule und haben kaum eine Chance, aus dem Teufelskreis von Armut und Ausbeutung auszubrechen.

 - Barbara Küppers, Terre de Hommes

Wie kann dieser Kreislauf durchbrochen werden?

Die pauschale Forderung nach Abschaffung von Kinderarbeit ist in vielen Ländern ohne die Schaffung geeigneter Alternativen mit der real existierenden Situation der Familien nicht vereinbar. Kinderarbeit kann nicht als isoliertes Problem angesehen werden, es muss einen gesamten Strukturwandel geben, sodass Familien sich auch ohne die Unterstützung ihrer Kinder ernähren können.

Die Hilfsorganisation „Terre des Hommes“ fordert die Durchsetzung der Schulpflicht weltweit, damit den Kindern der Zugang zu Bildung ermöglicht wird. Zudem müssen staatliche Aufsichtsbehörden gestärkt werden und ausbeuterische Arbeitgeber bestraft werden. Bei Kinderarbeit, die nicht unter die Definition der ausbeuterischen Arbeit fällt, müssen die Arbeitsbedingungen der Kinder immer wieder überprüft werden. Die Verantwortung liegt neben den Regierungen auch bei den Unternehmen: Wenn faire Arbeitsmöglichkeiten für Erwachsene geschaffen werden, müssten Kinder ihre Eltern nicht mehr unterstützen.

Echte Alternativen zur ausbeuterischen Kinderarbeit können zum Beispiel so aussehen wie in Brasilien: Hier bekommen Eltern, die ihre Kinder zur Schule schicken, Unterhaltsgeld von der Regierung. Oder wie auf der Sekem-Farm in Ägypten, wo Kinder zwischen 12 und 15 Jahren täglich auf Kamillenplantagen arbeiten, aber nur unter der Bedingung, dass sie auch die Schule besuchen.

Was können Sie tun?

In Deutschland ist Kinderarbeit verboten – das bedeutet jedoch nicht, dass wir mit diesem Problem nichts am Hut haben. Denn Verbraucher und Verbraucherinnen profitieren häufig von ausbeuterischer Kinderarbeit: Sei es in der Textilindustrie, in der Bauwirtschaft oder bei der Herstellung zahlreicher Produkte. In fast allen Lieferketten sind potenziell auch arbeitende Kinder beteiligt. Wenn Sie also das nächste Mal shoppen gehen, Schokolade kaufen oder Kaffee trinken, achten Sie doch mal darauf, unter welchen Bedingungen die Produkte hergestellt wurden. Das können Sie tun, indem Sie im Geschäft danach fragen oder sich vorher informieren, wo fair gehandelte Waren angeboten werden. Helfen kann Ihnen dabei das FairTrade Siegel, welches häufig bei fair gehandelten Lebensmitteln abgebildet wird. Auf der Website von FairTrade Deutschland können Sie aber auch nach Kleidung, Kosmetik oder Schmuck suchen.